2.500 Mittelständler kamen auf Einladung der Volksbanken und Raiffeisenbanken zum größten Unternehmertreffen Deutschlands in der Frankfurter Jahrhunderthalle zusammen. Darunter auch zwei Besuchergruppen der VR Bank Lahn-Dill mit Mittelständlern aus der Region. Für die VR Bank Lahn-Dill gehört der Besuch dieser Veranstaltung – gemeinsam mit Mittelständler aus der Region – schon zur Tradition, dient diese nicht nur als Veranstaltung mit hohem Informationsgehalt, sondern auch zum „netzwerken“ untereinander.
„Diese Veranstaltung gehört zu den interessanteren Tagungen für Mittelständler“ so ein Teilnehmer auf der gemeinsamen Busrückfahrt.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Sandra Maischberger und Udo von Kampen, denen es auch in diesem Jahr wieder gelang, von den Rednern in den Gesprächen deutliche Worte herauszulocken.
Der Brexit-Deal, den die britische Premierministerin Theresa May dem Kabinett vorgelegt hat, habe „keine Chance auf eine Mehrheit im Parlament“. Das prognostizierte Günther H. Oettinger (CDU), EU-Kommissar für Haushalt und Personal, beim Wirtschaftstag 2018 der Volksbanken und Raiffeisenbanken am Donnerstag in Frankfurt. Wenn der Ausstiegsvertrag im Parlament durchfalle, seien vorgezogene Neuwahlen in Großbritannien als „Flucht nach vorn“ gut vorstellbar, so Oettinger weiter.
Mit Blick auf die deutsche Politik machte sich Oettinger für Friedrich Merz als möglichen CDU-Nachfolger von Angela Merkel im Kanzleramt stark. „Die internationale Erfahrung von Friedrich Merz macht ihn zum besten Kandidaten“, zeigte sich Oettinger überzeugt. Eine nationale Abschottung sei gerade mit Blick auf die deutsche Wirtschaft der falsche Weg, bekräftigte der EU-Kommissar. „Wir brauchen eine stärkere Europäische Union.“ Deutschland alleine stelle nur ein Prozent der Weltbevölkerung. „Mit einer einprozentigen Beteiligung könnten Sie keinen Aufsichtsratsposten in einem Dax-Unternehmen besetzen.“ Die EU, die sieben Prozent der Menschheit repräsentiere, habe deutlich bessere Chancen, auf der Weltbühne gehört zu werden.
Aufgrund steigender europäischer und geopolitischer Risiken müsse sich die deutsche Wirtschaft auf steigende Herausforderungen einstellen, warnte der EU-Kommissar. „Die besseren sechs Jahre – mit Erfolgen für alle Sektoren der Wirtschaft – liegen hinter uns. Die nächsten sechs Jahre werden schwieriger.“
Eine anhaltende Herausforderung für die deutsche Wirtschaft liegt in der digitalen Infrastruktur, wie Ralf W. Barkey, Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverbandes – Verband der Regionen, hervorhob. Aufgrund der schlechten Versorgung mit mobilem und leitungsgebundenem Internet liege Deutschland im aktuellen globalen Wettbewerbsbericht des Weltwirtschaftsforums (WEF) in dieser Kategorie nur auf Platz 31 – und das, obwohl das WEF Deutschland insgesamt zum innovationsfähigsten Land der Welt kürte, wie Barkey deutlich machte. „Insbesondere zur Stärkung der ländlichen Räume brauchen wir flächendeckend eine wirklich leistungsfähige digitale Infrastruktur“, unterstrich der Verbandschef. Wie Oettinger prognostizierte, wird die digitale Infrastruktur zunehmend auch für Immobilieneigentümer ein Thema: „Der Wert einer Immobilie wird sich künftig nicht nur nach dem Zugang zu attraktiven Orten wie dem Bodensee oder der Anbindung an Autobahnen und Flughäfen bemessen, sondern auch nach der Qualität des Onlinezugangs.“
„Ich denke nicht, dass wir flächendeckende Glasfaser-Versorgung für alle Haushalte in Deutschland erreichen können“, goss Timotheus Höttges, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom, Wasser in den Wein. Ein flächendeckender Ausbau sei zu teuer und entspreche auch nicht dem Bedarf, argumentierte der Telekom-Chef. „Die Hidden Champions auf dem Land benötigen aber natürlich Glasfaser.“ Ziel der Telekom sei es daher, 80 Prozent aller deutschen Unternehmen mit Glasfaser zu versorgen. Allerdings sei es erforderlich, dass auch andere Anbieter – und nicht nur die Telekom – in den Glasfaser-Ausbau investierten.
Kritisch äußerte sich der Telekom-Chef über den von der Bundesregierung geplanten Rechtsanspruch auf schnelles Internet ab 2025. „Ein solcher Anspruch wäre rechtlich sehr schwierig umsetzbar.“ Es sei nicht sachgerecht, wenn die Politik hier eine Leistung einfordere, für deren Umsetzung die Privatwirtschaft aufkommen müsse, fügte Höttges hinzu.
Ins Hintertreffen zu geraten, drohe Europa derweil beim Aufbau von Cloud-Infrastrukturen, warnte Höttges. Nur noch fünf Prozent der europäischen Daten lägen auf Cloud-Servern von europäischen Anbietern, kritisierte der Telekom-CEO. Der Markt werde dominiert von den US-Konzernen Microsoft, Google, Amazon und Apple einerseits und chinesischen Unternehmen andererseits.
Gegen diese Kritik wehrte sich Sabine Bendiek, Vorsitzende der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland. Auch wenn Microsoft ein US-amerikanisches Unternehmen sei, bedeute dies nicht, dass europäische Daten auf Servern in den USA gespeichert würden. „Die Daten liegen typischerweise in der Nähe der Kunden.“ In Europa seien dies insbesondere Rechenzentren in Dublin und Amsterdam sowie künftig auch in Frankfurt und Berlin.
Unter dem Thema „Modernisierung Deutschlands – Made by Mittelstand“ diskutierten zudem auch Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall, Philosoph Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin sowie Martin Herrenknecht, Vorstandsvorsitzender der Herrenknecht AG, der estnische Botschafter Mart Laanemäe und Sternekoch Tim Raue.