Sie hat in 14 Jahren 200 Sendungen des „Aktuellen Sportstudios“ moderiert, blickt auf neun Fußball Welt- und Europameisterschaften zurück und kann auf sechs Teilnahmen an Olympischen Spielen verweisen – Katrin Müller-Hohenstein, eine der bekanntesten Sportjournalistinnen in Deutschland, zog auf Einladung der VR Bank Lahn-Dill in der Hinterlandhalle in Dautphetal mehr als 1000 Zuhörer in den Bann. Auf unterhaltsame und humorvolle Weise erzählt sie beispielsweise, wie sie als Kind des Radios mit fast 4000 Auftritten am Mikrofon den Absprung zum ZDF geschafft und man ihr eine der Kultsendungen des Fernsehens anvertraut hat. „Expect the Unexpected“ - „Erwarte das Unerwartete“ lautete das Motto des Vortrages. Und es gab wahrlich eine Reihe überraschender Wendungen, die sich, wie die gebürtige Fränkin sagt, wie ein „roter Faden“ durch ihr Leben ziehen.
Allein der Sprung in die Sendeanstalt an den Mainzer Lerchenberg kann als ungewöhnlich bezeichnet werden. Zuhause bei „Antenne Bayern“ und damit auch mit der Radio-Berichterstattung über die bayerischen Fußballbundesligisten vertraut, bewegten sie Kollegen zu einer Bewerbung beim ZDF, das für Samstagabend eine Moderatorin suchte. „Ich habe mich lange bitten lassen“, gestand Müller-Hohenstein. Doch dann reichte sie die Bewerbung ein – und erhielt bei ihrer ersten Vorstellung eine Absage. Der Grund: keine Fernseherfahrung.
Für ein halbes Jahr wurde der „Fall“ zu den Akten gelegt. Da das ZDF in dieser Zeit immer noch nicht fündig geworden war, wendete sich die Radio-Berichterstatterin diesmal direkt an den Chef des Aktuellen Sportstudios. Im Casting, einer Art Probesendung, musste sie Jürgen Klopp, Fußball-Experte und damals noch Trainer von Mainz 05, Fragen stellen. Mit Erfolg; „Sie haben den Job“, signalisierten die Verantwortlichen.
Schon etwas überraschend kam der Wechsel in die Aufnahmestudios an den Rhein. Eine Wende, die die bekannte Sportjournalistin heute mit der Aufforderung an ihre Zuhörer verbindet. „Verfolgt eure Träume und gebt das auch an eure Kinder weiter, die ebenfalls ihre Träume verfolgen sollten.“
„Ich habe einen tollen Job“, sagt Müller-Hohenstein, die sich die Arbeit mit drei Kollegen teilt und im Schnitt alle vier Wochen vor den Kameras steht. Allerdings räumt sie nach der Moderation von mittlerweile 200 Sendungen ein, dass „vieles zur Routine geworden ist und nicht mehr vom Hocker haut.“
Ein Leben mit überraschenden Wendungen
Katrin Müller-Hohenstein erzählt, wie sie ins „Aktuelle Sportstudio“ kam

Dass die Abläufe sich ähneln, verrät der Blick hinter die Kulissen. Denn bevor die Sportjournalistin am Samstagabend gegen 23 Uhr ins Rampenlicht tritt, hat sie eine anstrengende Woche mit einer Vielzahl von Vorbereitungen hinter sich. Kreativität ist gefragt, und die Kraft, sich immer wieder etwas Neues für den Auftritt auszudenken, holt sie sich im Grünen, im Wald ihrer Wahlheimat München. Und erst freitags reist sie dann meist mit einer kompletten Sendung im Gepäck nach Mainz – zum Endspurt. Ab Samstagnachmittag geht es dann Schlag auf Schlag. Auf mehreren Bildschirmen verfolgt das Team die Bundesliga-Partien. Nach dem Schlusspfiff werden die Einschätzungen von den Reportern in den Stadien in Telefonaten „eingefangen“. Die nächste Station ist der Schnittraum und danach heißt es: Ab in die Maske, wo die Moderatorin eine knappe Stunde Ruhe hat: „Ich genieße das, wenn niemand etwas will.“
Nach acht Stunden hektischer Vorbereitung muss man am späten Abend zur Höchstform auflaufen, erzählt die 54-Jährige: Abpudern, verkabeln und dann raus zu den Studiogästen.
Unerwartet verlief für die Sportjournalistin die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland. Auf ein Fest mit einem grandios auftretenden Titelverteidiger hatten sich die Fernsehleute insgeheim schon eingestellt. Doch es kam alles anders. Die deutsche Mannschaft patzte gegen Mexiko, nährte die Hoffnungen mit einem Sieg gegen Schweden und flog nach der Niederlage gegen den Underdog Südkorea aus dem Turnier. Nach 18 Tagen war damit die WM für das Team des ZDF vorbei: das Zimmer 2608 im Moskauer Hotel räumen, Heimreise.
„Wir sind doch auch nur Fans“, beschreibt die Moderatorin in der Hinterlandhalle die Gefühlslage nach dem unerwarteten Exodus. Und gesteht, nach verlorenen Begegnungen der Nationalelf durchaus mal heulen zu können.
Die Tränen trocknen, den Schalter umlegen. Nach dem bitteren Aus ging die anstrengende Arbeit weiter. „Wir liefen auf der letzten Rille und haben noch die Scherben zusammengekehrt“, erzählt Katrin Müller-Hohenstein. Ein Interview mit dem Bundestrainer, Stimmen von enttäuschten Spielern einholen, Live-Schaltungen in Nachrichtensendungen in der Heimat – in den letzten Stunden vor der Heimkehr gab es für die Sportreporter wenig Zeit, über das Geschehene nachzudenken.
In Erinnerung bleiben der Moderatorin die nicht vorhersehbaren Dinge, die alle akribischen Planungen über den Haufen warfen und den Aufenthalt in Russland zum Erlebnis machten. Da war beispielsweise die Fahrt zum Spiel gegen die Mexikaner im Moskauer Luschniki-Stadion, in dem 82000 Zuschauer erwartet wurden. Für eine Live-Schaltung in die Heimat sollten deutsche Fans befragt werden. Doch knapp einen Kilometer vor dem Stadion wurde der Konvoi mit den Fahrzeugen gestoppt - nichts ging mehr. Das ZDF-Team musste mit der gesamten Ausrüstung zu Fuß weiter – und gewann knapp den Wettlauf gegen die Zeit. Dass alle schweißgebadet waren, hat in der Heimat niemand gesehen.
Unter keinem glücklichen Stern stand auch der Flug nach dem Schweden-Spiel in Sotschi zurück in das Quartier in der Hauptstadt. Blitz und Donner über dem Flughafen verhinderten den Start. Langes Warten und wenig Schlaf waren die Folge.
Abgehakt ist das WM-Debakel mittlerweile. Bei Katrin Müller-Hohenstein herrscht Vorfreude auf die Europameisterschaften im kommenden Jahr. Da residiert die deutsche Mannschaft vermutlich in ihrer fränkischen Heimat: in Herzogenaurach. Und zieht mindestens, so ihre Prognose, ins Halbfinale ein...
Die Powerfrau des Sports hatte Klaus Königs, Vorstandsmitglied der VR Bank Lahn-Dill, angekündigt. Sie lebe Sport, sie liebe Sport. Das spürten auch die Besucher in der Hinterlandhalle, die gespannt die Ausführungen verfolgten und anschließend die Gelegenheit nutzten, der bekannten Sportmoderatorin noch Fragen zu stellen.