Der Weg über den Atlantik ist weit, hat sich aber bestimmt gelohnt. Mehr als 10000 Kilometer legten Führungskräfte der brasilianischen Kreditgenossenschaft „sicoob“ aus dem im Süden des Landes gelegenen Bundesstaat „Santa Catarina“ zurück, um während eines mehrtägigen Aufenthaltes in Deutschland hinter die Kulissen von Genossenschaftsbanken zu blicken.
Die 30 Banker machten auch in Dillenburg Station, wo sie von Vorstandsmitglied Armin Wickel empfangen wurden. Der letzte Besuch aus Südamerika liege sechs Jahre zurück, sagte Wickel und stellte anschließend die Struktur der neuen VR Bank Lahn-Dill vor, die vor etwa einem Jahr aus dem Zusammenschluss der drei Genossenschaftsbanken Dillenburg, Herborn-Eschenburg und Biedenkopf-Gladenbach entstanden ist. Die Bilanzsumme betrage 1,9 Milliarden Euro, sagte Wickel. Die VR-Bank habe derzeit 100000 Kunden und 46000 Mitglieder. Wichtig sei für Vorstand und Mitarbeiter, die Nähe zu Kunden und Mitgliedern zu pflegen und Beratung anzubieten. „Wir sind vernetzt in den Heimatorten.“
Beschäftigt würden mehr als 300 Mitarbeiter, 34 junge Leute absolvierten eine Ausbildung zu Bankkaufleuten. „Wir investieren in den Nachwuchs“, unterstrich Wickel und machte deutlich, dass die Bank als Arbeitgeber auch für die Jüngeren attraktiv bleiben müsse.
Ein weiterer Aspekt war das Anlagewesen. In Zeiten sehr niedriger Zinsen würde Geld mehr und mehr in Aktien und in Fonds angelegt. Die VR Bank Lahn-Dill verzeichne in diesem Bereich eine Umsatzsteigerung von 10 Prozent, erklärte das Vorstandsmitglied. Und es stellte sich im Gespräch mit den Gästen heraus, dass in Brasilien die klassische Geldanlage noch zu einem Zinssatz von sieben bis acht Prozent erfolgt – allerdings wird einiges davon von der derzeit bei knapp über drei Prozent liegenden Inflationsrate wieder „aufgefressen“.
Ein Grundstück kaufen, ein Haus bauen oder sich eine Eigentumswohnung zulegen – das sei ein in der Region zu beobachtender Trend. Die Bank habe im vergangenen Jahr daher 245 Millionen Euro an Krediten an Privatleute vergeben, sagte Wickel.
Auf fast allen Geschäftsfeldern Online mit der Bank kommunizieren, bedeutet für das Vorstandsmitglied die Zukunft. Ein Großteil der Kunden betrete das Bankgebäude schon nicht mehr, sondern wickele seine Anliegen von zu Hause aus ab. Selbst Ältere, öfter skeptischer als die jüngere Generation, loggten sich mehr und mehr online bei der VR Bank Lahn-Dill ein, sagte Wickel. Die Zahlen aus dem „Netz“ belegten den Trend eindeutig: 166000 Überweisungen im Monat sowie monatlich 120000 Besuche auf der Internetseite und 400000 Anmeldungen mit dem Smartphone.
Nach dieser Fülle von Informationen, die jedem Gast auch schriftlich an die Hand gegeben worden war, hatten sich Delegation und Referent eine Erholung verdient. Nicht fehlen im Programm durfte daher ein Ausflug auf den Schlossberg, wo die Gelegenheit bestand, bei schönstem Wetter zahlreiche Erinnerungsfotos von der Villa Grün und dem Wilhelmsturm zu machen. Dann ging es ein Stockwerk tiefer, in die „Unterwelt“ des Schlossbergs. Stadtführer Thomas Schmidt führte durch die unterirdischen Anlagen, die freigelegten Kasematten. Das Verteidigungssystem mit Bollwerken und Wehrgängen aus dem 15./16. Jahrhundert konnte in Kriegszeiten mehr als 2000 Soldaten zur Verteidigung des Schlosses aufnehmen.
Der Abschied fiel anschließend nicht leicht. „Muito obrigado“ - portugiesisch: vielen Dank – war nach einem aufschlussreichen Nachmittag in Dillenburg immer wieder von den Gästen aus Südamerika zu hören.